Zersiedelung und Straßenbau zerstören den Lebensraum von Hasen und anderen Wildtieren – VCÖ und WWF fordern Reduktion des Bodenverbrauchs und ein Ende der Zersiedelung
Artensterben: Immer mehr „Todeskandidaten“ auf Roter Liste

Wien 12. Juni 2014 – Die Rote Liste ist so etwas wie die Fieberkurve unserer Artenvielfalt und sie zeigt, dass es dem Patienten Erde immer schlechter geht. Zu diesem eindeutigen Fazit kommt der WWF nachdem die Weltnaturschutzunion IUCN heute ihre aktualisierte Rote Liste vorgelegt hat. Die Rote Liste, die 2014 ihr 50-jähriges Bestehen feiert, enthält jetzt 73.686 wissenschaftlich untersuchte Arten, von denen 22.103 in ihrem Bestand akut bedroht sind. Darunter ist auch das Maskottchen der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Aber es gibt auch positive Beispiele von Arten, die sich erholen konnten.
„Der Mensch verursacht gerade das größte Massenaussterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier und es gelingt bisher nicht, den Artenschwund zu verlangsamen. Ganz im Gegenteil geht es immer mehr Arten an den Kragen. Lebensraumzerstörung, Wilderei und dazu noch der Klimawandel setzen den Arten immer stärker zu. Viele Arten leben daher in immer kleiner werdenden Gebieten und sind dadurch stark gefährdet“, warnt WWF-Artenschutzexperte Arnulf Köhncke.
Unter den „Todeskandidaten“, deren Aussterberisiko als hoch, sehr hoch oder extrem hoch eingeschätzt wird, finden sich weiterhin so charismatische Vertreter wie der Afrikanische Elefant („Gefährdet“), der Tiger („Stark gefährdet“) oder das Spitzmaulnashorn („Vom Aussterben bedroht“). Und auch für das Maskottchen der FIFA WM 2014, das Brasilianische Dreibinden-Gürteltier, besteht keine Entwarnung. Die Art gilt weiterhin als „Gefährdet“.
Besorgt zeigt sich der WWF auch über unsere nächsten Verwandten, die Menschenaffen. Die Bonobos, also jene Affen-Vertreter, die dem Homo sapiens mit am nächsten stehen, gelten als „Stark gefährdet“, die Westlichen Flachlandgorillas gar als „Vom Aussterben bedroht“. Neu beurteilt wurde außerdem eine Delikatesse: Der Japanischen Aal gilt jetzt als „Stark Gefährdet“ und sollte damit nicht mehr auf dem Teller landen. Im Pflanzenreich sind hingegen 80 Prozent der in gemäßigten Breiten wachsenden und als Zierpflanzen beliebten Frauenschuh-Orchideen als gefährdete Arten gelistet.
Besonders besorgt zeigen sich Wissenschaftler und Umweltschützer über den Zustand der Lemuren auf Madagaskar. Demnach finden sich 94 Prozent dieser Affenarten in einer der drei höchsten Gefährdungskategorien. Dies macht sie zu einer der am meisten bedrohten Gruppen unter den Wirbeltieren. Darunter finden sich auch die größte bekannte Lemurenart, der Große Indri („Vom Aussterben bedroht“), sowie die kleinsten Primaten der Welt, der Berthe-Mausmaki („Gefährdet“). Lemuren sind nicht nur durch die Zerstörung ihres tropischen Lebensraums in Gefahr. Durch die zunehmende Armut auf Madagaskar werden die Tiere auch weiterhin stark bejagt.
Seit Bestehen der Roten Liste gibt es aber auch positive Nachrichten. So konnten etwa das Wisent oder das Przewalski Wildpferd – beide gab es nur noch in Gefangenschaft und sie galten als „in freier Wildbahn ausgestorben“ – durch Wiederansiedlungsmaßnahmen gerettet werden. Auch die weltweiten Wal-Bestände konnten sich dank des Walfangmoratoriums wieder erholen. Insgesamt nimmt die biologische Vielfalt trotzdem weiterhin ab.
„Die Erfolge zeigen, dass sich der Aufwand lohnt und stark gefährdete oder sogar in der Wildnis ausgestorbene Tierarten gerettet werden können“, so Köhncke. „Wenn der Raubbau aber ungebremst weitergeht, kann Artenschutz nur Schadensbegrenzung betreiben und viele Arten werden keine Überlebenschance haben. Besonders tragisch dabei ist, dass viele Arten ausgestorben sein werden, bevor sie überhaupt entdeckt worden sind. Denn bisher sind nur etwa zwei Millionen von insgesamt rund zehn Millionen vermuteten Arten weltweit wissenschaftlich beschrieben. Und selbst von diesen zwei Millionen wird nur ein kleiner Teil überhaupt von der Roten Liste erfasst.“
Rückfragehinweis:
MMag. Franko Petri, Pressesprecher WWF, Tel. 01-48817-231, E-Mail: franko.petri@wwf.at.
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