Zersiedelung und Straßenbau zerstören den Lebensraum von Hasen und anderen Wildtieren – VCÖ und WWF fordern Reduktion des Bodenverbrauchs und ein Ende der Zersiedelung
WWF: Österreichs Vorsitz in der Alpenkonvention blieb weit unter den Erwartungen

Innsbruck, am 3. April 2019. Mit der offiziellen Übergabe an Frankreich geht der österreichische Vorsitz in der Alpenkonvention am 4. April ohne große Würfe im alpinen Umwelt- und Naturschutz zu Ende. Zu dieser Bilanz gelangt die Umweltschutzorganisation WWF. „Durch ihr Bekenntnis zur Alpenkonvention sind die Regierungen der Alpenländer dazu verpflichtet, sich für eine nachhaltige Zukunft der Berge stark zu machen. Dennoch wurden unter österreichischem Vorsitz leider keine neuen substanziellen umwelt- und klimapolitischen Initiativen umgesetzt“, erklärt Christoph Walder, Vertreter des WWF in der Alpenkonvention. „Nun liegt es an der neuen französischen Präsidentschaft, entscheidende Schritte vorzulegen, um etwa konkrete Schutz-Maßnahmen für den vom Klimawandel besonders bedrohten alpinen Bereich umzusetzen.“ In einem offenen Brief an den französischen Umweltminister François de Rugy fordern die WWF-Organisationen der Alpenländer einen ökologischen und solidarischen Wandel im Alpenraum. „Dazu gehören sowohl Maßnahmen gegen den viel zu hohen Bodenverbrauch als auch ein Ausbaustopp entlang ökologisch wertvoller Flüsse und in naturbelassenen Landschaften“, sagt Christoph Walder.
Versäumnisse beim Schutz von Flüssen und alpinen Freiräumen
Seit fast 20 Jahren sind über die Alpenkonventions-Protokolle klare Ausbaugrenzen von Infrastruktur in den Bergen, ein sorgsamerer Umgang mit Boden und der stärkere Schutz von Mooren und Feuchtgebieten vereinbart. Dies wurde mit der EUSALP-Bodendeklaration im November 2018 auch in Österreich auf Bundes- sowie Länderebene bekräftigt. Einzig in der Praxis ist davon zu oft nichts zu sehen, kritisiert WWF-Vertreter Walder: „Touristische Infrastruktur dringt immer weiter in unsere Berglandschaften vor, etwa in Form von Skigebietszusammenschlüssen, die im Grunde Neuerschließungen sind. Alpine Freiräume sind als Rückzugsorte für die Tier- und Pflanzenwelt, als einzigartige Erholungsräume für naturnahen Tourismus und die traditionelle Landnutzung von herausragender Bedeutung. Leider sind nur noch sieben Prozent der österreichischen Landschaft weitgehend unerschlossen und naturbelassen. Drei Fünftel dieser alpinen Freiräume sind nicht vor großtechnischer Erschließung geschützt“, so Christoph Walder.
Österreichs Vorsitz hat auch im Zusammenhang mit der Wasserkraftnutzung an den letzten wilden Alpenflüssen keine Fortschritte gebracht. Anstatt einen konsequenten Schutz von Flussabschnitten von hohem ökologischen Wert zu garantieren, dominieren Ausbaufantasien auf Kosten der Natur. . „Hier gibt es massive Defizite. Die Richtlinien der Alpenkonvention für Kleinwasserkraft sind bei den zuständigen Entscheidungsträgern auf Länder- und Bezirksebene oftmals gar nicht bekannt. Die akzeptierten Naturschutzziele werden wohl zu wenig weiterkommuniziert und somit auch nicht berücksichtigt“, kritisiert WWF-Vertreter Christoph Walder, der von Bund und Ländern eine naturverträgliche Energiewende mit einem Fokus auf Energiesparen einfordert. Denn durch die umstrittenen Ausbauszenarien der Energiewirtschaft drohen bis 2030 hunderte neue Kraftwerke, die auch noch die wenigen verbliebenen Naturjuwele durchschneiden würden.
Erste positive Schritte im Umgang mit Beutegreifern
Zu den positiven Entwicklungen während der österreichischen Präsidentschaft zählt der WWF-Experte die Errichtung des Vereins „Österreichzentrum Bär-Wolf-Luchs“ im steirischen Raumberg-Gumpenstein. „Damit wurde ein wichtiger erster Schritt gesetzt, um konstruktive Lösungen im friedlichen Zusammenleben zwischen Mensch und Beutegreifern voranzutreiben. Jetzt geht es darum, das neue Zentrum auch mit den notwendigen finanziellen Ressourcen auszustatten“, so Christoph Walder. Zusätzlich braucht es auch Anpassungsmaßnahmen in der Tierhaltung und Weidewirtschaft, eine finanzielle Förderung von Herdenschutzmaßnahmen und einen offenen und integrativen Dialog aller Interessengruppen auf lokaler, nationaler und makroregionaler Ebene. Versuche, den strengen Schutz von Wölfen und Luchsen zu lockern, sind aus Sicht des WWF ungeeignet, um Nutztiere effektiv zu schützen und helfen auch nicht bei der Konfliktlösung.
Offener Brief für ökologischen und solidarischen Wandel im Alpenraum
Die zentralen Herausforderungen für die bevorstehende französische Präsidentschaft wurden vom WWF in einem offenen Brief formuliert. Konkret gefordert wird eine naturverträgliche Implementierung des Klima-Aktionsplans und der Klimaziele der Alpenkonvention mit Schwerpunkt auf dem Schutz alpiner Lebensräume und Ökosysteme. Dazu zählt auch ein Stopp für den Infrastrukturausbau entlang der letzten alpinen Flussabschnitte von hohem ökologischen Wert sowie in natürlichen oder extensiv genutzten Landschaftsräumen. Dazu braucht es eine länderübergreifende, übergeordnete Raumplanung und wirksame Instrumente gegen nicht nachhaltigen Flächenverbrauch bei gleichzeitiger Förderung nachhaltiger Ansätze in der Land-, Forst- und Tourismuswirtschaft. Auch die Rolle und Sichtbarkeit des Überprüfungsausschusses der Alpenkonvention müsse gestärkt werden, um etwaigen Informationsmangel auf regionaler Ebene zu beheben.
Rückfragen und Kontakt:
Vincent Sufiyan
WWF-Pressesprecher
+43 676 834 88 308
vincent.sufiyan@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Schutzstatus Wolf: WWF kritisiert “Feldzug gegen den Artenschutz”
EU-Botschafter:innen stimmen für die Abschwächung des Wolf-Schutzstatus – Naturschutzorganisation fordert Rückkehr zu wissenschaftlich gedeckten Lösungen
WWF-Erfolg: Kleiner Leopard in Armenien geboren
Persische Leoparden sind extrem selten. Umso erfreulicher: Erstmals wurde in Armenien die Geburt eines Leoparden offiziell registriert. Ein Erfolg, der auf jahrzehntelangen Schutzbemühungen basiert.
Neuer WWF-Bericht: Biber als Schlüsselart in Klima- und Biodiversitätskrise
Welt-Bibertag: Heimischer Nager bringt hohen Nutzen für Biodiversität und Anpassung an Extremwetter – WWF fordert mehr Raum für tierischen Bauingenieur
Wiederansiedlung: WWF stärkt den Artenschutz am Inn
Hilfsmaßnahmen für gefährdete Arten am Inn – INNsieme connect siedelt Zwergrohrkolben in den Mieminger und Rietzer Innauen an und schafft Laichplätze für seltene Gelbbauchunke
WWF kritisiert Kaunertal-Einreichung als “fahrlässig und verantwortungslos”
Tiwag will Ausbau Kraftwerk Kaunertal trotz zahlreicher Risiken und Naturgefahren durchboxen – WWF fordert Stopp und verweist auf Alternativen für naturverträgliche Energiewende
Neuer Klima-Check stellt Regierungsprogramm durchwachsenes bis schlechtes Zeugnis aus
WWF und Ökonomin Sigrid Stagl zeigen Chancen, Lücken und Widersprüche im neuen Koalitionspakt – Mehr Priorität für verbindlichen Klima- und Naturschutz gefordert
WWF: Kärntner Landesregierung will bis zu 740 Biber zur Tötung freigeben
Biber-Verordnung soll verlängert und verschärft werden – Zahl der erlaubten Tötungen wird mehr als verdoppelt – WWF kritisiert Angriff auf Artenschutz
19. WWF-Earth Hour: Weltweite Klimaschutzaktion am Samstag
Bundespräsident unterstützt Initiative – An berühmten Wahrzeichen rund um den Globus geht für eine Stunde das Licht aus – WWF Österreich fordert: “Klimaschutz – jetzt erst recht!”